Der perfekte Vortrag – Teil 2 – Jeder Vortrag erzählt eine Geschichte

Dinosaurier von Acer

Wer hat eigentlich bestimmt, dass ein Vortrag mit der Selbstvorstellung und Vita beginnt? Langweiliger geht es kaum. Natürlich müssen diese Informationen enthalten sein, aber doch nicht am Anfang, wenn sich die Teilnehmer fragen, ob sich das Zuhören überhaupt lohnt.

Dieser zweite Teil der dreiteiligen Serie widmet sich der Frage der fesselnden Gesamtkonzeption eines Vortrags. Hier finden Sie den ersten Teil zum Thema Zielgruppen. Und hier steht der dritte Teil, der sich mit der Bühnenperformance und der nachträglichen Verwertung befasst.

2. Die spannende Story

Die perfekte Präsentation folgt einem klassischen Spanungsbogen. Gerne wird hier der Dreiakter oder die Heldenreise als Story-Konstrukt angeführt. Der Held – im Idealfall ist das der Kunde oder Zuhörer – wird herausgefordert, er muss Winderstände überwinden, die fast aussichtslos erscheinen, er zieht in die entscheidende Schlacht, gewinnt gegen den Drachen und bringt das Elixier der Weisheit nachhause. 

Für einen Businessvortrag fehlt ein Element, nämlich der packende Einstieg. Während der Roman oder der Kinofilm vom Besucher Zeit geschenkt bekommt, in der sich die Story entwickeln darf, muss der Speaker sich dies erst verdienen. (siehe Punkt 4).

Das beginnt bereits beim Abstract. Unglaublich, wie viele emotions- und ambitionslose Kurzbeschreibungen auf Event-Websites ihr Dasein fristen. Dabei ist das der Sales-Pitch. Vor allem, wenn es um Konferenzen geht, die mehrere parallel verlaufende Stränge haben oder – wie im Webinar – wo der User per Mausklick verloren gehen kann.

Werfen Sie bereits im Abstract eine Frage auf, von der sie versprechen, sie im Vortrag beantworten zu wollen.

Papstwahl
Wer seinen Vortrag mit einer Banalität beginnt, muss verlorenen Boden wieder gut machen. (Bild: Google / Screenshot)

Das wichtigste Element jeder Story aber ist der Widerstand, der Konflikt. Und das vergessen sehr viele Speaker im Business-Kontext, weil sie sich nicht als Entertainer verstehen, sondern nur als Informationsübermittler. Sie sind aber beides: Ohne Aufmerksamkeit keine Informationsübermittlung und ohne Neugier keine Aufmerksamkeit. Und schon sind wir beim Entertainment.

Es gibt hier zwei Kardinalfehler, die man unbedingt vermeiden muß:

  1. Kein Widerstand: Frau X wählt Lösung Y aus dem Hause Z und erreicht das gewünschte Ziel. Wow!
  2. Künstlicher Widerstand: „Bezahlen war immer ganz furchtbar umständlich, bevor es mobile Payment gab“.

Wer seine Geschichte auf einer unsinnigen These aufbaut, kann keine glaubwürdige Story erzählen. Und was nicht glaubwürdig erscheint, spricht keine Emotionen (außer Abwehr) an. Und damit verpufft die Geschichte.

Merke: Der einfachste Weg zum Widerstand in der Geschichte sind die Pain Points Ihrer Zielgruppe. Was wollen die, was bisher nie geklappt hat?

3. Der lässige Auftritt

Wer Angst hat, präsentiert schlecht. Es gibt zwei Wege, um angstlos zu präsentieren. Der erste heißt üben. Das funktioniert zu einem gewissen Grad auch mit Virtual Reality (Link). Dafür können aber auch Familien und Freunde herhalten. Und zeichnen Sie das Geübte mit dem Smartphone auf. Wenn es gut war, machen sie daraus ein Video zur Verwertung nach dem Vortrag (Punkt 10). Wenn es schlecht läuft, dann lernen Sie damit.

Die zweite Variante ist die Zuhilfenahme von persönlichen Geschichten. Über persönliches erzählen wir oft angstfrei, weil es immun gegen Widerspruch ist. Es ist ja ein Erlebnis oder eine individuelle Wahrnehmung. Der Alibaba Gründer Jack Ma erzählte Anfang 2018 beim Weltwirtschafts-Forum in Davos (Link) von seinem jämmerlichen Scheitern zu Beginn seiner Berufslaufbahn. Wer so startet, kann fast nur noch gewinnen im Laufe seines Vortrags.

Merke: Suchen Sie sich einen sympathischen Menschen im Publikum und sprechen sie genau diesen an. Dadurch halten Sie Verbindung zum Publikum und werden gleichzeitig nicht verunsichert.

Und: Es wird immer jemand geben, der stört.  

Ein aktueller Schmerzpunkt der Zielgruppe als Aufhänger ist immer gut für Aufmerksamkeit

4. Der neugierig-machende Einstieg

Es gibt rund ein Dutzend Methoden, Spannung zu erzeugen. Einige davon sind ziemlich plump, wie der „Buzzfeed-Ansatz“: Sie werden nicht glauben, was der Frau passierte, als sie das Päckchen öffnete …“. Aber stellen Sie sich nur kurz vor, wie Sie reagieren würden, wenn ein Speaker so eröffnet.

Und schon haben wir zwei Ansätze eingeführt:

  1. Neugier: Bringen Sie das Publikum dazu wissen zu wollen, wie es weiter geht. Die typische Variante dafür ist der Cliffhanger. „SEO und Brand-Marketing waren lange verfeindet, aber inzwischen ….“
  • Phantasie: Sobald Sie das Publikum dazu bringen, in eigenen Bildern zu denken, haben sie fast gewonnen. „Ihr Auto hat eine Panne und der Akku vom Smartphone ist leer …“
  • Kognitive Dissonanz: Der dritte Einstieg hört sich akademisch an, funktioniert aber echt einfach. Nehmen sie einen krassen Widerspruch an den Anfang. „Wie die Gesellschaft vom Klimawandel profitiert“. Natürlich sollten Sie den auch auflösen können, sonst ist die Aufmerksamkeit nur kurzfristig.
  • Ciceronische Argumentation: Die Autos, die Tesla baut, sind phantastisch, sagt Akyo Toyoda, der Chef von Toyota. Ein fiktives Zitat, aber kein schlechtes, wenn man vergleicht, wie die deutschen Autobauer die Musk-Company jahrelang kleingeredet haben.

Wer seinen Feind lobt, lobt sich selbst. Das Publikum merkt den Widerspruch sofort und ist gespannt auf die Auflösung.

  • Das Versprechen: Schauen Sie in den Vorspann dieses Artikels (falls Sie ihn schon vergessen haben).

Merke: Steigen niemals mit allgemeinen Wahrheiten, Plattitüden, Common Sense oder Tautologien ein. Wenn Ihnen der Satz „das wissen Sie ja längst“ zu einer Folie einfällt, dann schmeißen Sie sie weg. („Wir sind im mobile Zeitalter angekommen“).

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert