Online Konferenz statt live: Corona zwingt zum Umdenken

Brighttalk bietet neben der Software auch eine Plattform zur Promotion von Webinaren und Talks an (Quelle: Screenshot / 6Connex)

Fast flächendeckend sind in Deutschland Veranstaltungen in Marketing und Technologie für die Monate März und April abgesagt worden. Jenseits der organisatorischen und ökonomischen Probleme, die eine solche Absage erzeugt, bietet die Situation auch die Möglichkeit, auf Online-Formate umzuschwenken.

„Ihr könnt Euch ungefähr vorstellen, was bei uns los ist, nachdem wir am Wochenende die Nachricht erhielten, dass die CMCX in dieser Woche nicht stattfinden kann und verschoben werden muss…. Sehr konkret sind die Pläne, die CMCX „virtuell“ stattfinden zu lassen. Viele Top-Speaker haben uns direkt hierfür ihr Commitment gegeben, sodass die Agenda für „CMCX@Home“ bereits weit vorangeschritten ist“.

Nein, man kann es sich wohl nicht vorstellen, wenn man nicht selbst Events dieser Größenordnung (die CMCX erwartete 8000 Menschen) gestemmt hat. Das Absagen von Hotels, Speakern, Moderatoren, Catering, Party-Location, Hostessen etc. ist da der kleinere Teil. Die Sorge, auf einem Großteil der Kosten sitzen zu bleiben, ist für kleinere Veranstalter möglicherweise Existenz-bedrohend. Zumal zu erwarten ist, dass die Hotels, Caterer oder Location-Vermieter alle rechtlichen Möglichkeiten ausschöpfen, da es auch deren Existenz bedroht.

GotoMeeting verlangt die Nutzung einer Launcher-Software. Das kann vor allem für Corporate-Nutzer ein Hindernis sein (Quelle: Screenshot)

Der einzige, der eher wenig Schaden davon trägt ist der Teilnehmer. Hat er Flug und Hotel in einem Paket zum Beispiel von der Veranstaltungswebsite gebucht, ist der Reiseanlass entfallen und somit können die Leistungen storniert werden. Die Tickets kann man sowieso zurückgeben, meint Rechtsanwalt Christian Solmecke. Der Veranstalter des Events wird es dagegen schwer haben, seine Party-Location zu kündigen, denn sofern die Location nicht von Amts wegen oder vom Betreiber geschlossen wurde, steht sie ja zur Verfügung … auch wenn keiner kommt.

Angst vor Teilnehmerverlust

Mindestens genauso schwer wiegt die Frage, ob die Absage auch dazu führen könnte, dass zu einem Ersatztermin oder zur nächsten Veranstaltung in einem Jahr weniger Menschen kommen.  Ein solches unvorhergesehenes Ereignis führt oft dazu, dass sich HR-Abteilungen und Teilnehmer die Reisepläne neu anschauen. Und eventuell wird ein „gesetzter Termin“, auf den der Teilnehmer Jahre lang immer wieder gefahren ist, plötzlich infrage gestellt.

Eine mögliche Alternative, um den Kundenkontakt zu halten, bietet das Veranstalten einer Online-Konferenz. Das kalifornische Unternehmen Brighttalk hat gerade seine Verkäufer ausgeschickt und schreibt jeden Veranstalter an, ob es zu einer Absage kommt und ob man nicht auf eine Online-Konferenz wechseln möchte.

Das kann funktionieren, vor allem dann, wenn der Fokus der Veranstaltung eher auf den Inhalten und weniger auf dem Networking liegt.  Klassische Meeting-Anbieter wie GoToMeeting bieten Webinar-Module an. Die unterscheiden sich nicht groß von der Meeting-Software, nur ist sie für mehr Teilnehmer ausgelegt. Bei GoToMeeting ist die Webinar-Variante dann einzusetzen, wenn mehr als 250 simultane Teilnehmer erwartet werden.  Bei Clickmeeting endet die Range bei 1000 Teilnehmern. Dann kostet die Monatslizenz 250 Euro.

Vorsicht bei der Landingpage: Die sollte nicht zu generisch sein und deutlich die spannendsten Inhalte der virtuellen Veranstaltung zeigen (Quelle: Screenshot)

Ina Franke, die die Events für den Softwareanbieter Acrolinx handhabt, nutzte 2016 die Lösung von 6Connex aus San Antonio. „Die Möglichkeiten, alles zu branden, war sehr gut, aber es war ein enormer Aufwand“.

Hysterie oder Kooperation

Es gibt Alternativen zum stationären Event, aber in der Regel werden virtuelle Konferenzen zumindest im ersten Anlauf eher kleiner ausfallen, als das reale Pendant. Da die Veranstalter darauf angewiesen sind, wenn irgendwie möglich,  mit dem geblockten Termin zu arbeiten, wäre es natürlich hilfreich, wenn eine Absage eines Events frühzeitig im Raum steht.

Die Veranstalter von CMCX und Internetworld wurden am Freitagabend davon informiert, dass das Event am Dienstag nur unter erheblichen Auflagen stattfinden kann. Alle Aussteller sollten einen ärztlichen Beleg für „Corona-Freiheit“ erbringen, der höchstens zwei Tage alt sein darf. Diese Auflage ist natürlich nicht zu erfüllen. Da die Ärzte und Kliniken angewiesen sind, nur in begründetem Verdacht zu testen, hätten sich die Aussteller am Montag die Beine in den Bauch stehen können und hätten dennoch kein Attest bekommen. Außerdem wäre der Montag ja auch Anreise- und Aufbautag gewesen.    

Es handelt sich also zwar nicht um ein formales, aber um ein faktisches Verbot der Veranstaltung. Ob das so rechtens ist, müssen Anwälte klären. Christian Solmecke hat da seine Zweifel.  Aber wäre nicht auch ein anderes Procedere mit weniger Kolateralschaden denkbar gewesen?

„Bis Freitag haben wir keinen negativen Bescheid der Landeshauptstadt München erhalten, der gegen eine Durchführung der Messe gesprochen hätte – auch nicht unter Auflagen“, sagt Carsten Szameitat, der die InternetWorld veranstalten wollte.  Ein frühzeitiger Hinweis darauf, dass eine solche Entscheidung „diskutiert wird“, hätte die Rechtsposition des Münchner Gesundheitsamts wohl nicht verändert, sie hätte aber dem Veranstalter die Chance gegeben, den Schaden in Grenzen zu halten. Laut Aussage von Anwalt Solmecke war bis 10. März vermutlich noch keine Situation Höherer Gewalt gegeben, die potentielle Schadensersatzforderungen gegen den Veranstalter weitgehend verhindert hätte.  

Natürlich kann es keinen Zweifel darüber geben dass das Amt handeln muss und die Absage von Großveranstaltungen stand ja schon seit Tagen im Raum. Aber der Schaden für Hotels, Fahrdienste, Caterer, Restaurants und andere Dienstleister (ja, auch Moderatoren) ist enorm. Ein kurzfristig abgesagter Termin lässt sich nicht mehr anders belegen. 

Ina Franke von Acrolinx hat daraus die Konsequenz gezogen und das für Mai in Scottsdale geplante Event selbst abgesagt. Sie hat jetzt acht Wochen Zeit, um eine Alternative auf die Beine zu stellen. Eine Online-Alternative.

Das Research Institute for Exhibition schätzt einen Schaden von 1,6 Mrd. Euro

Offizielles Statement der Internetworld

Anwalt Chjristian Solmecke zu den Folgen des Virus

Nur die Hälfte aller Unternehmen ist darauf vorbereitet, Ihre Mitarbeiter von zuhause aus arbeiten zu lassen, hat der BVDW ermittelt.

Wenn Ihnen jetzt dank des Corona-Virus ein Event um die Ohren fliegt, haben sie auf der Softwareseite also eine ganze Reihe von Möglichkeiten. Addbase hat eine Liste von 15 Produkten zusammen getragen und kurz kommentiert.

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